Selam Berlin

Selam Berlin ist ein Adoleszenzroman. Das weiß ich, weil ich ihn für den Deutschunterricht gelesen habe. Also für eine Rezension für eine gleichwertige Leistung für den Deutschunterricht.

Berlin ist eine Großstadt. Das weiß ich, weil ich sie für einen Geburtstag besucht habe. Also für ein Wochenende für ein Geburtstagsgeschenk für ein Geburtstagskind.  

Und nun Vorhang auf für diesen gewagten Cocktail aus Literaturkritik und Handyfotos, aus 1989 und 2018, aus herbstlich jugendlicher Aufbruchsstimmung und frostklarer Winterstraßenbummelei.

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Marie in Amerika

Ich war in New York. Und Massachusetts. Und Boston. Und einer Boeing 747. Ich war in amerikanischen Klassenzimmern, in amerikanischen Autos und in amerikanischen Italienern zum Abendessen. Ich war im Central Park, einem New Yorker Taxi, einem Off-Broadway-Musical, sehr viel Englisch, etwas Spanisch, ein bisschen Mandarin und einer Spur Hindi – ich war auf Reisen.

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Mit den Ohren reisen

Podcasts. Ich liebe Podcasts. Weil ich so gerne über spannende Sachen mehr erfahre. Weil ich nach einem Tag (oder auch nur mehreren Stunden) mit anderen Menschen und vielen sich bewegenden Dingen (dabei) gerne die Augen zu mache. Weil ich nicht gut einschlafen kann. Weil mir auf Auto-, Bus- und Zugfahrten beim Lesen schnell schlecht wird.  Weil es so viele tolle, spannende, lustige Sachen da draußen gibt – und sie sind alle gratis, offline verfügbar und unendlich!

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Juni 2017 in Athen

Ein Montagmittag, Mitte Juni in Athen. Eine Gruppe deutscher Schülerinnen drängt sich mit einem Klassenkameraden, zwei Lehrern und einem griechischen französisch parlierenden Guide zwischen asiatischen Touristengruppen hin zum Ausgang der Akropolis.

Da fällt einigen ein, dass sie noch schnell auf Toilette müssen und Marie hat plötzlich eine Idee im Kopf, die sich, wie so viele Gedanken, nicht in Worte fassen lässt. Sie hatte auf jeden Fall etwas mit dem großen mediterannen Baum zu tun, der da stand, am Eisenzaun, zwischen dem Drehtor, den Toiletten und zwei Getränkeautomaten, die unter jeweils 50 verschieden Artikelnummern immer nur die gleiche Flasche Wasser anboten.
Und weil sich Marie in Bezug auf verrückte Ideen selten sträubt, ja, ihre Foto- oder Aquarellprojekte oder Texte oft in einem rauschartigen Zustand direkt von der Idee weg entstehen, parierte sie brav. Sie suchte also ein symmetrisch, unkaputtes Blatt aus, das da unter dem Baum herum lag, kramte ihre 5cm große Schere aus dem Rucksack, setzte sich auf den Steinboden, schnitzte ein Wort und eine Zahl in das Blatt und verbrachte den Rest des Tages damit, Fotos zu machen, in denen sie das Blatt vor irgendwelche schönen Motive hält.

Natürlich ist das nicht die ganze Geschichte, die fängt im Januar 2016 an, mit einem gestempelten Schriftzug und endet erst dutzende Stunden, Erlebnisse, Tage, Motive und Fotografien später, nein, dies hier sind nur die Basishandlungen. Aber ich möchte die Bilder selbst sprechen lassen. Sie erzählen nicht nur von einer Studienfahrt, von einem Sommer in einer neuen Stadt in einem fremden Land, sondern auch von mir und wie schönes in mir wohltuende Töne anschlägt. Wie sehr mir die pittoresken oder atemberaubenden oder sanften oder frohen Ecken Athens gefallen und gut getan haben.Die wirklich schwierige Aufgabe war es dann, die RICHTIGE unter all den Aufnahmen auszuwählen. Denn ich hatte die Bilder ja für einen Anlass gemacht, das Album. Ich habe sehr viel Zeit mit der diesmonatigen Ausgabe verbracht, wenn ich überlege, wie oft ich das Blatt, das perfekterweise genau in meine Handyhülle passte, herausbastelte und vor dem Motiv hin- und her schwenkte, um den besten Winkel zu finden. Außerdem war das Programm im Hintergrund beinahe durchgehend am laufen, ich lief durch Athen immer auf der Suche nach einem Motiv, vor dem ich das Blatt hin- und herschwenken konnte. Und wenn man dann noch die Stunde addiert, die ich verbrachte, immer weniger Favoriten in endlosen Slideshows zu vergleichen…
Irgendwann entschied ich mich für dieses hier, weil mir die Farbstimmung gefällt, die Komposition mit der Wolkenfront an der einen Seite, meiner Hand auf der anderen und weil es am Meer ist, wo es mir immer am besten gefallen hat. Ob eine Flaschenpost aus Athen wohl irgendwie hierr in der Nordsee oder Ostsee ankommen würde? Möglich wäre es und das ist alles was zählt.

 

Auf dem Dach

Man könnte es als Zufall abtun und einfach nicht weiter beachten, manchen würde es vielleicht nicht einmal auffallen. Oder man könnte voll die große Sache daraus machen, es als Aufhänger benutzen und Scherze reißen. Oder man könnte sagen, es sei wie beim Domino, hätte durchaus eine Bedeutung und vielleicht sogar eine Mitschuld an meiner langen Abwesenheit. Ja, diese Variante ist wahrscheinlich die populärste, bedenkt man die Länge dieser Pause sowie mein unvermitteltes Wiederauftauchen aus dem See des nichts. Read more „Auf dem Dach“

Oben ist auch hier unten

Ich war gerade oben. Auf dem Dachfirst. Ich habe den Schritt gewagt, heraus aus dem Zimmer, meiner Comfort Zone. Habe das Dachfenster geöffnet, mit der Mischung aus Mut, Bewusstsein des Wahnsinns aber auch dem Gefühl, dass das das einzig Richtige ist in meinem Blut. Ich stieg auf meinen Schreibtisch, stellte mich auf das Fensterbrett und streckte den Arm aus zu den Sprossen einen Meter neben mir.
Ich streckte mich, reckte mich der Freiheit entgegen und ergriff meine Chance. Ohne nachzudenken zog ich mich aufs Dach. Jetzt gab es kein zurück mehr. Vollkommen unbekanntes Terrain. Angst, Wunsch, Adrenalin. Und dannn war ich oben. Saß auf dem Dachfirst, neben mir der Schornstein.

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Ich will wieder hoch. Jetzt. Obwohl ich unglaubliche Angst hatte, unser Haus ist über zehn Meter hoch, das Dach steil. Die Dachziegel neben mir sind so rutschig, dass ich auch barfuß keinen Halt finden kann und der Wind weht mir ständig Haare ins Gesicht.
Doch dass ist besser als hier unten im Moment. Ich will raus, frische, neue, hoffnungsvolle Luft in der Nase und unvoreingenommene Freiheit im Gesicht spüren.
Denn es ist wieder einer dieser Momente, in denen mich die Dunkelheit hier unten zu verschlingen scheint. In denen diese Leere in meinem Herzen mich ganz verrückt macht. In denen ich mir die Ohren und Augen zuhalten will, denn alles um mir herum schreit: `DU BIST ALLEIN!´

Das ist nicht immer so, nein. Ich erlebe so viele Momente des Glücks, hier unten, in meinem Leben. So viele Augenblicke gefüllt mit Liebe und Freude. So viel Freundschaft und Geborgenheit, Gottes Hand unter mir wissend. Ich BIN nicht allein. Das weiß ich. Und die meiste Zeit fühle ich es auch, ist mir das bewusst.
Aber dann kommt wieder diese Dunkelheit und reißt mir den Boden unter den Füßen weg. Es sind Flashbacks in eine Zeit, in der ich mehr Grund hatte, mich einsam zu fühlen. Und das Gefühl, dass ich meiner Vergangeheit nicht trauen kann. Dass nur der Moment zählt. Dass ich mich nicht ausruhen darf, nur das bin, was ich in dem Augenblick gerade geschafft habe und deshalb niemals stehen bleiben und Luft holen darf.

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Oben darf ich das. Ich bin außen vor, lasse mein Leben mit der Dunkelheit unten und atme tief durch. Ich bin einfach Marie. Die, die so gern mit dem Fahrrad durch die späte Nachmittagssonne fährt. Die, die so glücklich und froh und dankbar über diese Geschenke in ihrem Leben ist. Dieselbe Marie, die ich mit acht Jahrn war, als ich Kalle Blomkvist gespielt habe. Nur um viele Gedanken, Erfahrungen und Perspektiven reicher. Die Marie, die so stark war, Dunkles bekämpft und besiegt hat. Die Marie, die mir lachend aus dem Spiegel entgegen guckt. Weinend. Verzweifelt. Verschmitzt. Glücklich. Die Marie, die Gott vertraut, dass er sie nicht allein lässt. Die vergeben und loslassen kann. Der diese Dunkelheit nichts anhaben kann, auch wenn jetzt Herbst wird. Denn ich hole tief Luft, dort oben auf dem Dachfirst und merke, dass es diese luft auch hier unten gibt. Ich trage die wiedergewonnene Freiheit mit mir herunter und zünde ein Lagerfeuer an.

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Flaschenpost

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Flaschenpost. Eigentlich schicke ich eine Flaschenpost los, wenn ich hier einen Text schreibe. Ich hole meine schönsten Stifte heraus, schreibe in Schönschrift und mit Bedacht, denn – obgleich es bedeutungslos erscheinen mag – es ist mir wichtig. Sinnvoll, praktisch, notwendig oder logisch ist das ja allemal nicht, unadressierte Sachen einfach so in die Wellen des Internets zu werfen. Man tut es des bloßen Schreiben wegens. Oder des Fotografierns, Malens, Codens, Erschaffens. Der Freude wegen. Und weil es ja vielleicht doch jemand findet, sich freut oder zurückschreibt. Eine Flaschenpost umgibt etwas geheimnisvolles. Keiner weiß, was sie auf ihrem Weg erleben wird, erlebt oder erlebt hat, sie ist das einzige, das den Empfänger mit dem Verfasser verbindet, streift beide Parteien und versiegelt deren Verbindung. Flaschenpost.

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Das Meer hat es nicht nötig, mit Blinklichtern und Neoneffekte auf sich aufmerksam zu machen, es weiß um seine atemberaubende Ausstrahlung. Und so verwandelt es sich, mit seinem Kompagnon dem Abendhimmel in einer einzigartigen langsamen Bedächtigkeit, die zeigt, dass es um seine Mächtigkeit Bescheid weiß. Es leuchtet von ganz allein, aus reinster Schönheit.

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Diese Flaschenpost schicke ich aus La Rochelle auf ihre Reise. Kurz nach Sonnenuntergang werfe ich sie ins tiefblaue Wasser des alten Hafenbeckens, neben die glitzernden Spiegelungen der Straßenlaternen und den Lichtern der Cafés an der Hafenpromenade, zwischen die kleinen Segelboote und Ausflugsschiffe. Von doort wird sie aus dem Hafen, zwischen den beiden alten Türmen hindurch aufs offene Meer getrieben. In die FReiheit des Atlantiks.

Februarnächte

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Siebter. Empfindet man nachts anders?

Nächten fehlt naturgemäß das – natürliche – Licht, welches ja,

wie auch immer und sicher auf diversen Wegen, uns glücklich zu machen in der Lage zu sein scheint.

Doch nachts fühlt man nicht nur negativer, oder? Oder ist das die Müdigkeit?

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Zwölfter.

Nächte können einsam sein.

Unglaublich einsam, unfassbar unbarmherzig.

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Neunundzwanzigster. Sie ist raus.

Aus der Bahn geworfen von irgend einem kleinen, vorbei rasenden Kometen aus lauter Nichtigkeit,

der aber ihren Wall zerstört hat.

Diese mühsam errichtete Schutzmauer aus Ritualen, Gefiltertem, Gebeten, Geplantem und Plänen,

die dennoch so instabil ist.

Winternächte

 Es war der Vierundzwanzigste. Abends.

Alle – zumindest alle, von denen sie wusste – lagen bereits schlafend im Bett. Der Tag ging auf sein Ende zu, und so verhielt er sich auch.

In sich gekehrt und mit sich, der Welt und seinem Schaffen im Reinen, zog er sich langsam und kaum merklich zurück,

um die Menschen – wie die Tiere, Pflanzen, das Meer und das Salz in der Luft – behutsam auf seinen baldigen Abschied vorzubereiten.

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Fünfundzwanzigster. Abends.

Sie flogen mit hundertdreißig zu euphorischem David Garrett ihrem Ziel entgegen.

Der Himmel stand in Flammen.

Alle jemals dagewesenen Schattierungen der Farben zwischen dem Knallorange des sich so dramatisch verabschiedenden Sonnenballs

bis zum Pastellrosa der Federwölkchen, dem goldstichigen Türkis des dazwischen neckisch aufblitzenden Himmels

und dem majestätisch alles Vereinnahmenden tiefen Königsblau bekamen ihren Auftritt im beinah einstündigen Spektakel.

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Einunddreißigster / Erster.

Es ist spät und sie versteht langsam, WARUM man so etwas wie Schlafen in der Nacht erfunden hat.

Sie war ganz froh, jetzt, mit ihren kleinen Geschwistern um sich, im Bett zu liegen.

Das Besondere dieser Nacht liegt wohl darin, dass sich alle in ihren so unterschiedlichen Gewohnheiten und völlig verschiedener … nun,

Leben – plötzlich in einem Abend und in einer Handlung kreuzen, überschneiden, sich verbindend vereinen.

Aber nicht verbindlich, oh nein, ebenso wenig wie die zahlreichen guten Vorsätze,

die schon am zweiten Januar viel von ihrer Imposantheit eingebüßt haben werden müssen.

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Gestreift

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Ein fremdes Leben gestreift. Nur einen Moment. Ein Blick in der Bahn, der andere saß gegenüber, zwischen euch der Gang, vollgestopft mit zwei Fahrrädern, einem Koffer, einer Mutter und ihrem kleinen Kind. Plötzlich fängt das Kind an zu lachen, ihr schaut auf, schaut euch an und müsst lächeln.

Ein Leben gestreift. Ihr werdet euch nie wieder sehen. Habt keine Ahnung wie der andere so ist, ob er auch so viel über sein Leben nachdenkt wie ihr, ob er eher so der Morgendstimmunggenießenfrühstück amMeertyp oder der SonnenuntergangsnachtgenießengehtsnocheinbisschenschrägerTyp ist. Ihr wisst nicht, ob er sich früher immer einen kleinen Bruder gewünscht hat aber Einzelkind blieb, oder ob er immer von seiner großen Schwester geärgert und von der Kleinen genervt wurde. Das alles werdet ihr nie wissen. Aber er hat euer Leben gestreift. Und ihr seins.

Als was werdet ihr auf seiner Seite in die Erinnerung eingehen? Als der Lächelkumpan, der einem das erste Mal seit langem nicht vertreten verlegen bemitleidend anschaut, weil seine Freundin diesen Krebs. Hatte. Oder wird er sich nur an eure neue Tasche erinnern, auf die ihr selber auch ganz schön stolz seid?

Ihr habt Leben gestreift. Ihr gehört zu diesem Moment, diesem Moment den ihr jetzt teilt.

 

Puuuh, was will die Olle denn jetzt damit sagen? Gute Frage, stellt sie sich auch gerade. Vielleicht, dass man im Moment leben sollte? Dass einen irgendwie alles prägt, aber man selbst entscheiden kann in welchem Sinne? Dass sie Katzen cool lässig elegant selbstbestimmt niedlich toll findet und die ganze Melancholie in dem Text drunter daher rührt, dass sie wegen ner Katzenhaarallergie wohl nie eine Katze haben wird? Tja, wie auch immer, hey! Ich hoffe wir ’sehn‘ uns wieder öfter in nächster Zeit.