Auf dem Dach

Man könnte es als Zufall abtun und einfach nicht weiter beachten, manchen würde es vielleicht nicht einmal auffallen. Oder man könnte voll die große Sache daraus machen, es als Aufhänger benutzen und Scherze reißen. Oder man könnte sagen, es sei wie beim Domino, hätte durchaus eine Bedeutung und vielleicht sogar eine Mitschuld an meiner langen Abwesenheit. Ja, diese Variante ist wahrscheinlich die populärste, bedenkt man die Länge dieser Pause sowie mein unvermitteltes Wiederauftauchen aus dem See des nichts. Read more „Auf dem Dach“

Flaschenpost

4

Flaschenpost. Eigentlich schicke ich eine Flaschenpost los, wenn ich hier einen Text schreibe. Ich hole meine schönsten Stifte heraus, schreibe in Schönschrift und mit Bedacht, denn – obgleich es bedeutungslos erscheinen mag – es ist mir wichtig. Sinnvoll, praktisch, notwendig oder logisch ist das ja allemal nicht, unadressierte Sachen einfach so in die Wellen des Internets zu werfen. Man tut es des bloßen Schreiben wegens. Oder des Fotografierns, Malens, Codens, Erschaffens. Der Freude wegen. Und weil es ja vielleicht doch jemand findet, sich freut oder zurückschreibt. Eine Flaschenpost umgibt etwas geheimnisvolles. Keiner weiß, was sie auf ihrem Weg erleben wird, erlebt oder erlebt hat, sie ist das einzige, das den Empfänger mit dem Verfasser verbindet, streift beide Parteien und versiegelt deren Verbindung. Flaschenpost.

 1      2

Das Meer hat es nicht nötig, mit Blinklichtern und Neoneffekte auf sich aufmerksam zu machen, es weiß um seine atemberaubende Ausstrahlung. Und so verwandelt es sich, mit seinem Kompagnon dem Abendhimmel in einer einzigartigen langsamen Bedächtigkeit, die zeigt, dass es um seine Mächtigkeit Bescheid weiß. Es leuchtet von ganz allein, aus reinster Schönheit.

3

Diese Flaschenpost schicke ich aus La Rochelle auf ihre Reise. Kurz nach Sonnenuntergang werfe ich sie ins tiefblaue Wasser des alten Hafenbeckens, neben die glitzernden Spiegelungen der Straßenlaternen und den Lichtern der Cafés an der Hafenpromenade, zwischen die kleinen Segelboote und Ausflugsschiffe. Von doort wird sie aus dem Hafen, zwischen den beiden alten Türmen hindurch aufs offene Meer getrieben. In die FReiheit des Atlantiks.

Februarnächte

feder3

Siebter. Empfindet man nachts anders?

Nächten fehlt naturgemäß das – natürliche – Licht, welches ja,

wie auch immer und sicher auf diversen Wegen, uns glücklich zu machen in der Lage zu sein scheint.

Doch nachts fühlt man nicht nur negativer, oder? Oder ist das die Müdigkeit?

feder2

Zwölfter.

Nächte können einsam sein.

Unglaublich einsam, unfassbar unbarmherzig.

feder1

Neunundzwanzigster. Sie ist raus.

Aus der Bahn geworfen von irgend einem kleinen, vorbei rasenden Kometen aus lauter Nichtigkeit,

der aber ihren Wall zerstört hat.

Diese mühsam errichtete Schutzmauer aus Ritualen, Gefiltertem, Gebeten, Geplantem und Plänen,

die dennoch so instabil ist.

Winternächte

 Es war der Vierundzwanzigste. Abends.

Alle – zumindest alle, von denen sie wusste – lagen bereits schlafend im Bett. Der Tag ging auf sein Ende zu, und so verhielt er sich auch.

In sich gekehrt und mit sich, der Welt und seinem Schaffen im Reinen, zog er sich langsam und kaum merklich zurück,

um die Menschen – wie die Tiere, Pflanzen, das Meer und das Salz in der Luft – behutsam auf seinen baldigen Abschied vorzubereiten.

c 

d

Fünfundzwanzigster. Abends.

Sie flogen mit hundertdreißig zu euphorischem David Garrett ihrem Ziel entgegen.

Der Himmel stand in Flammen.

Alle jemals dagewesenen Schattierungen der Farben zwischen dem Knallorange des sich so dramatisch verabschiedenden Sonnenballs

bis zum Pastellrosa der Federwölkchen, dem goldstichigen Türkis des dazwischen neckisch aufblitzenden Himmels

und dem majestätisch alles Vereinnahmenden tiefen Königsblau bekamen ihren Auftritt im beinah einstündigen Spektakel.

0a

Einunddreißigster / Erster.

Es ist spät und sie versteht langsam, WARUM man so etwas wie Schlafen in der Nacht erfunden hat.

Sie war ganz froh, jetzt, mit ihren kleinen Geschwistern um sich, im Bett zu liegen.

Das Besondere dieser Nacht liegt wohl darin, dass sich alle in ihren so unterschiedlichen Gewohnheiten und völlig verschiedener … nun,

Leben – plötzlich in einem Abend und in einer Handlung kreuzen, überschneiden, sich verbindend vereinen.

Aber nicht verbindlich, oh nein, ebenso wenig wie die zahlreichen guten Vorsätze,

die schon am zweiten Januar viel von ihrer Imposantheit eingebüßt haben werden müssen.

b

k

Gestreift

DSC_0543

Ein fremdes Leben gestreift. Nur einen Moment. Ein Blick in der Bahn, der andere saß gegenüber, zwischen euch der Gang, vollgestopft mit zwei Fahrrädern, einem Koffer, einer Mutter und ihrem kleinen Kind. Plötzlich fängt das Kind an zu lachen, ihr schaut auf, schaut euch an und müsst lächeln.

Ein Leben gestreift. Ihr werdet euch nie wieder sehen. Habt keine Ahnung wie der andere so ist, ob er auch so viel über sein Leben nachdenkt wie ihr, ob er eher so der Morgendstimmunggenießenfrühstück amMeertyp oder der SonnenuntergangsnachtgenießengehtsnocheinbisschenschrägerTyp ist. Ihr wisst nicht, ob er sich früher immer einen kleinen Bruder gewünscht hat aber Einzelkind blieb, oder ob er immer von seiner großen Schwester geärgert und von der Kleinen genervt wurde. Das alles werdet ihr nie wissen. Aber er hat euer Leben gestreift. Und ihr seins.

Als was werdet ihr auf seiner Seite in die Erinnerung eingehen? Als der Lächelkumpan, der einem das erste Mal seit langem nicht vertreten verlegen bemitleidend anschaut, weil seine Freundin diesen Krebs. Hatte. Oder wird er sich nur an eure neue Tasche erinnern, auf die ihr selber auch ganz schön stolz seid?

Ihr habt Leben gestreift. Ihr gehört zu diesem Moment, diesem Moment den ihr jetzt teilt.

 

Puuuh, was will die Olle denn jetzt damit sagen? Gute Frage, stellt sie sich auch gerade. Vielleicht, dass man im Moment leben sollte? Dass einen irgendwie alles prägt, aber man selbst entscheiden kann in welchem Sinne? Dass sie Katzen cool lässig elegant selbstbestimmt niedlich toll findet und die ganze Melancholie in dem Text drunter daher rührt, dass sie wegen ner Katzenhaarallergie wohl nie eine Katze haben wird? Tja, wie auch immer, hey! Ich hoffe wir ’sehn‘ uns wieder öfter in nächster Zeit.

Kinners, alle kommen, es gibt Nachtisch!

bildh

Hallo! Ja, ich lebe noch! Aber es stimmt schon, seit wir uns hier das letzte Mal getroffen haben… Ich hab‘ die neunte Klasse abgeschlossen, ein Familienwochenende in der Mitte von Deutschland verbracht, wir hatten französischen Besuch, mein Großvater ist gestorben und wir sind los in den Urlaub. Dort bin ich dann in einem süßen alten Hotel im Elsass spontan ein Jahr älter geworden und habe meinen Geburtstag gefeiert. Daaann sind wir weiter in die Bourgogne gefahren wo wir eine Woche inmitten von Weinbergen, romanischen Kirchen – Hände hoch; wer hat alles romantisch gelesen-, urigen Häuschen und echtem französischen Sommerwetter verbrachten. Dann gings weiter in die Provence, das gute Wetter blieb – wir auch, zwei Wochen. Und jetzt sind wir schon wieder daheim. Ich habe natürlich fotographiert, diese Erzeugnisse werden voraussichtlich in nächster Zukunft ein wenig Blogluft schnuppern. Jetzt geht es erst einmal um das, wofür ich die freie Ferienzeit dieser Woche genutzt habe…

bilda bildb

Kochen. Ich hab selbst Heidelbeereis gemacht, dann mit tatkräftiger Unterstützung eine Quinoa-Avocado-Pfanne gezaubert und gestern sind es eben diese kleinen Mascarpone-Beeren-Desserts ‚in a jar‘ geworden. Ich hatte mich bei all diesen Gerichten vor allem von Vera inspirieren lassen, schaut mal vorbei,  da gibts eine ganze Menge leckeren Essens auf schönen Photos zu bewundern.

bildc

Das Rezept ist soo einfach, dass es nicht einmal außerhalb meines – von mir höchstpersöhnlich errichteten – Könnenskreises war, ein wenig zu improvisieren. Nähmlich (wer nämlich mit haaaa schreibt ist dämlich – der Rhythmus von diesem möchte-gern-Reim hat mich schon früher – hach, damals, als ich noch jung und naiv war… – zur Weißglut gebracht, ganz im Ernst, das klingt doch sch**** ), das Hauptprinzip ist Keksbrösel meets Creme meets Obst, gar nicht soo schwer also.

bildd

Nun, und damit ich endlich offiziell und ohne zu lügen sagen kann, dass ich auch schon einmal ein Rezept gebloggt habe, erkläre ich euch, wie das geht!

Man braucht: (mindestens)

Vollkornbutterkekse

Butter

Mascarpone/Quark/Joghurt und Milch

Vanillezucker

Beeren

Speisestärke

bildg

1. Bröseln! Die Vollkornbutterkekse in einen Gefrierbeutel und mit dem Wellholz drauf haun..

2. Matschen! Butter schmelzen und mit den Vollkornkeksüberresten zu einer Masse kneten….

3. Rühren! Das cremige Milchprodukt und Milch + Vanillezucker mit Rührgerät bearbeiten…..

4. Kochen! Die Beeren mit der Speisestärke zu Grütze kochen / Packung rote Grütze öffnen…..

5. Mischen! Das cremige Milchprodukt mit einigen pürierten Beeren verrühren…………………..

6. Schichten! Zuerst die Keksmasse, den Rest in beliebiger Reihenfolge aufeinander schichten

7. Genießen! Alle auf einmal, alle nacheinander oder meinetwegen auch ganz sozial Teilen……

bildfbildea

Bei uns war das Milchding Mascarpone, die Grütze aus Himbeeren und Johannisbeeren und die blaue Creme aus – na, wer hat sich’s schon gedacht – aus Blaubeeren und Mascarpone. Übrigens genoss ich ,vor allem beim Cremesanrühren, ganz wunderbare von meiner Mutter, damit dass hier auch mal gewürdigt wird!

Ich hab‘ dann noch Himbeeren beziehungsweise Erdbeeren ganz dekorativ oben drauf dekoriert und das Ganze nach dem Abendessen an meine Familie und unseren Besuch verfüttert, weil wir insgesamt und alle zusammen deshalb zu elft waren, habe ich zwölf Stück gemacht – den Extrawünschen meiner Geschwister zufolge auch drei Stück ohne Erdbeeren und drei ohne Erd- und Blaubeeren…

bilde

Das Schwierigste war definitiv das dekorative Schichten, schon nach der ersten Mascarponeschicht waren nämlich sämtliche Glaswände komplett weiß. Das kommt davon, wenn man meint, das Dessert ‚in a jar‘ zu servieren! Und auch das Ablichten danach hatte ich mir eigentlich etwas entspannter vorgestellt. Das Licht ist bei Wolkendecke und diesigem Wetter ja sowieso schon sehr bescheiden aber wenn man dann das Ganze unbedingt als Picknick verpacken möchte und rote Beeren mit grünem Gras in Kontrast setzen muss, braucht man schon ein paar gute Probs.  Ich hab‘ sie alle meiner Mama aus unserem großen Regal stiebitzt aber das Leinentuch auf den feuchten Rasen zu legen, hielt sie, im Gegensatz zu mir, für keine so gute Idee…  Aber alles in allem wars das stundenlange in der Küche rum stehen durchaus wert, finde ich.

Fernweh

Ich will weg. Weg von hier, alles hinter mir lassen, ans Meer oder in die Berge, Norden oder Süden… Natürlich möchte ich nicht so weg wie im letzten Blogbeitrag, aber ich will an den ganzen Stress der letzten Wochen nicht mal mehr denken. Aus den Augen, aus dem Sinn oder so in der Art. Das ab nächster Woche Ferien sind, trifft sich da ganz gut und anstatt die letzten Hausaufgaben zu machen hab ich mir grade lieber die Photos aus England angesehen. Da ist mir aufgefallen, dass ich euch da noch gar nicht alle gezeigt hatte – das wird hiermit schleunigst nachgeholt!

c2

Das ist Cambridge, die alte englische Universitätsstadt nach Oxford. Diese Brücke hier wurde von irgendeinem Mathegenie vor ein paar hundert Jahren entworfen und kam komplett ohne Nägel aus. Dann wurde sie aber – wieder ein paar hundert Jahre später – von einigen Professoren und Studenten auseinander gebaut, die hinter das Geheimnis der Brücke und ihrer Konstruktion kommen wollten. Das gelang ihnen allerdings nicht und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als sie mit Nägeln wieder zusammen zu tischlern.

c6

Die St. Marys Street war für mich natürlich unvermeidbar… hey, meine Straße! Die ham da ’ne Straße nach mir benannt!

c3

Ein bisschen überbelichtet, ich weiß, aber so sieht man wenigstens die grauen Wolken nicht! Das ist ein echtes College, erinnerte mich aber mehr an ein Kloster – die ersten Colleges wurden nämlcih nach Vorbild der gotischen Klöster gebaut, mit großen Innenhöfen und ganz vielen dieser Rundbögen.

c5

Und Fahrrädern!

e3

Das hier ist eine Brücke im Garten von Bucklesham Hall, so heißt das Anwesen auf dem  ich mit noch zwei anderen Chorsängerinnen untergebracht war. Ich hab ein bisschen an den Farbintensitäten rumgespielt und so siehts doch irgendwie aus wie ein Gemälde von Monet, findet ihr nicht?

e1

Die hat uns Gastmutter Kate gebacken, das war ja quasi kurz vor Ostern.

e2

Und das ist unsere Gastschwester Ella mit den beiden Hunden – noch in der Schuluniform, nur die Gummistiefel hatte sie nicht den ganzen Tag an .;)

Ich weiß, dass sind jetzt nicht die typischen Urlaubstraumbilder mit türkisem Wasser und unendlich langem weißen Sandstrand aber ich hätte grade auch echt nichts dagegen, an der britischen Südostküste durch ein kleines Fischerdörfchen zu bummeln und mir danach am Strand die Seeluft um die Nase wehn zu lassen. Meinetwegen auch in Pulli und im Nieselregen, im Ernst!

Dieser Sommer

Ich muss zugeben, ein paar Zweifel hatte ich ja schon. Schließlich haben beide Seiten so oft davon gesprochen, dass selbst ich mit meinem Sinn für Humor mir nicht mehr sicher war, ob das wirklich immer nur Sarkasmus ist.

P1120565

Es geht um den Sommer im Norden. Der wurde nämlich sowohl von meinen süddeutschen Bekanntschaften  („Da oben neben dem Polarkreis gibts des net“ oder so ähnlich) als auch von den Norddeutschen ( „So was ham wa hier nich“ , so in der Art) einfach geleugnet, der Arme! Sozial engagiert, wie ich nun mal bin, hab ich mich mal um ihn gekümmert und dachte mir: ‚Mensch, Marie! Du mit deinen 3000 Klicks am Tag, du könntest ihn doch mal ein wenig bewerben ( „Shoutout“ nennt man sowas auf Neudeutsch, glaub ich…) ! Sein Image wieder aufbauen und so!‘  Tja, gesagt – getan ; ich erzähle euch jetzt mal – nein, keine 20 unnützen Fakten – sondern etwas über meine Beziehung zu ihm, dem norddeutschen Sommer.

P1120556

Jedenfalls hatte ich mich schon mit dem Gedanken angefreundet, mir nie mehr Gedanken um meine Bikinifigur machen zu müssen und mich auch im Sommer der Öffentlichkeit nur mit Wollpullis zu präsentieren – da kam der letzte Freitag mit seinem nach Freibad, Eis und kurzen Klamotten riechenden Atem und haute mich einfach komplett um.

P1120559

Ich bin dann erst mal ins Kino, so verwundert über diese Überraschungsaktion. Aber eigentlich habe ich mich total gefreut, denn insgeheim hatte ich natürlich immer auf einen echten Sommer gehofft. So mit Baden im See, morgens ganz früh aufstehen und mit dem Rad über die Felder fahren, abends zusammen mit der Sonne lange draußen bleiben, Kirschen pflücken, barfuss nach Hause laufen und solchen Dingen halt.

P1120547ogh

Allerdings habe ich den Verdacht, dass er nur Plattdeutsch spricht; so ganz durchschaut habe ich ihn nämlich noch nicht. Nicht nur, dass er nach nicht allzu langer Zeit einfach an einen unbekannten Ort abhaute, vor allem ging er ohne mir zu sagen, wann er wieder kommen würde. Oder eben ich habe ihn einfach nicht verstanden.

P1120585

Naja, ich hoffe, dass ihn seine erste Begegnung mit mir nicht zu sehr aus der Bahn geworfen hat und er noch mal wieder kommt!

P1120578

England – des Abenteuers erster Teil

Ich bin ein Frankreich-Dänemarkkind. Ich habe soo viele tolle Sommer in Dünen, Lavendelfeldern, auf Hüpfkissen und mediteranen Märkten verbracht – aber nach Großbritannien bin ich dieses Jahr erst das erste Mal gereist. Ich hatte das Glück, mit dem Chor in dem ich schließlich zu dem Zeitpunkt noch keine zwei Monate sang, für eine Woche nach England fahren zu dürfen. Am Sonntag vor vier Wochen ging es los – morgens um drei! Denn um nach Woodbridge zu kommen mussten wir die Hürde von 17 Stunden Busfahrt davon zwei mt der Fähre, überwinden.

a1

Das war mein erster Blick auf die englische Küste und auch wenn es bedeckt und windig war – ich war verzaubert. Ich meine: neues unbekanntes Land, neue Kultur, quasi ein neuer Kontinent… Als wir dann in Woodbridge ankamen und von den Gastfamilien abgeholt wurden war es schon dunkel, trotzdem kann ich mich an die erste ’nach Hause‘-Fahrt noch gut erinnern. Da ich mit zwei anderen Mädels aus dem Chor in einer Gastfamilie war, konnten wir uns ausgiebig über unsere ersten Eindrücke austauschen, Punkt Numero Uno: das Auto. In vierzehn Jahren habe ich gelernt, dass ein Lenkrad auf der rechten Seite im Auto ist. Das hatte ich auch nie in Frage gestellt, wieso sollte das auch anders sein? Und nun wurde in wenigen Minuten mein gesamtes Weltbild gewaltsam umgekrempelt… Wir fuhren also durch die beschauliche Nachtwelt der dörflichen Suffolkgegend um Woodbridge. Auf einmal kamen wir an einem Schild mit der Aufschrift ‚Bucklesham Hall‘ vorbei und ehe ich mich versah bog Vater Jamie dort ein. Was nun folgte, war eine 0.8 km lange Privateinfahrt, ein schnurgerader Weg der, von abertausenden Osterglocken gesäumt, uns zu Bucklesham Hall führte. Dort angekommen, begrüßten Kerstin, ‚die andere Marie‘ und ich die Familie erst einmal; Vater Jamie, Mutter Catherine, Tochter Ella und die zwei süßen Hunde. Zum Essen hatte Catherine furchtbar lecker gekocht – und hätten wir nicht die letzten 17 Stunden konstant, durchgehend und ohne Unterbrechung gesnackt hätten, hätte ich von dem überbackenen Brokkoli, den überbackenen Ofenkartoffeln, Fleisch, Gemüse und Yorkshire Pudding sicher noch viel mehr gegessen. Das lustigste aber war sicher der Yorkshire Pudding der überhaupt kein Pudding sondern Pfitzauf (schreibt man das so?!?!) war! Von wegen typisch britisch!

b1

Am nächsten Morgen hatten die Engländer Schule und wir Probe, zum Teil in der St.Marys Church, auf dem Weg dorthin sahen wir schon das erste bisschen von Woodbridge, dieser alten, schnuckeligen, kleinen, ein bisschen spießigen aber farbenfrohen Küstenstadt.

b6

Die anderen habe ich nachmittags gemacht, als Catherine uns die Stadt gezeigt hat.

b8

Und genau das ist das Besondere an England. Man nehme ein paar Backsteinhäuschen – aus Hamburg, Norddeutschland oder Dänemark – und füge ein paar hübsche Fassaden hinzu…

b10

… dann malt man ein bisschen mit mediterranen Eissortenfarben herum. Je bunter desto besser!

b4

Dann kann man natürlich die Backsteine noch mit den Farben mischen.

b5

Und wenn man eine Handvoll davon an einen Fluss kurz vor der Mündung stellt und einen Hafen dran baut – voila, Woodbridge!

Frühling, bist du’s?

Ja, der Frühling, mit dem ist das so ’ne Sache. Genau wie mit dem Winter eigentlich. Aber beim Sommer ist das anders, findet ihr nicht? Und wenn ich es mir recht überlege ist der Herbst – der vierte im Bunde – auch noch mal anders. Aber eher wie der Sommer…

P1100848

So, jetzt müssten all die, die nur mal zufällig hier vorbeigeschaut haben, weg sein. Jetzt wo wir unter uns sind kann ich euch ja auch erzählen, was die ersten Sätze eben sollten:

Ich habe philosphiert. Okay, ja, das kann man eigentlich immer sagen;) Ich meinte die Übergänge zwischen den Jahreszeiten. Ist euch das mal aufgefallen? Der Frühling beispielsweise kann ganz schön gemein sein. Nach einem langen, kalten, dunklen, grausamen Winter zeigt er sich eines Tages ein erstes Mal – und weckt in uns Sehnsüchte und Hoffnungen nach der Sonne, den Vögeln und ihrem Gezwitscher, den Blumen, den Farben, Barfuss durch feuchtes Gras gehen, Eis essen, Meer…

P1100960

Und dann ist er auch schon wieder weg, lässt uns zurück. Und die Ernüchterung die auf einen Moment der Glückseligkeit folgt ist oftmals noch viel härter als die Zeit davor. Der Frühling spielt dieses grausame Spiel aber noch weiter. Wie eine Katze die Maus  lockt er uns zu sich, kommt näher, lässt die Sonne unsere Nasen kitzeln und wenn wir dann alle barfuss auf der Blumenwiese sitzen haut er blitzschnell wieder ab. Eine On-Off-Beziehung. Oder wie wenn man im Unterricht nicht aufpassen kann und mit dem Schlaf kämpft. Wenn man plötzlich hochschreckt und merkt, dass man wohl die Augen zu hatte… ich hasse dieses Gefühl nicht zu wissen, ob man grade eigentlich minutenlang vor sich hingepennt hat…

P1100921

Soo, jetzt bin ich irgendwie mal wieder abgeschweift. Den Tag, an dem ich einen aus mehr als zwei Sätzen bestehenden Text hinbekomme ohne abzuschweifen, diesen Tag werde ich mir für immer im Kalender markieren und jedes Jahr sein Jubiläum feiern! (Seht ihr, ich bin sogar beim  übers Abschweifen Schreiben abgeschweift!!!! Kennt ihr einen guten Arzt der eventuell auch noch gleich meine Schwäche für Gedankenstriche kurieren könnte?)

P1100835

Dingelingeling! Bringen sie mir doch bitte noch einmal das Thema, Vincent! – Jawohl, Madame. – Ah, genau, die Jahreszeiten, der grausame Frühling… Danke, Sie können sich jetzt wieder entfernen!

Das spannende daran ist nämlich: beim Sommer ist das ganz anders! Der Frühling verändert sich im Alter und wird langsam und sanft zum Sommer. Es wird immer wärmer und grüner draußen bis es eben nicht mehr wärmer und grüner wird. Dann ist der Sommer da!

P1100916

Der Herbst ist eigentlich auch so ein softer Typ; irgendwann werden halt die Äpfel bunt und reif, die Blätter bunt und – okay, nicht reif. Wobei, können Blätter reif werden? Ich meine, es gibt ja auch Tiere die Blätter essen – mögen die ihre Blätter dann unterschiedlich reif? So wie wir Menschen unsere Frühstückseier oder unseren französischen Weichkäse alle unterschiedlich mögen? Stopp, Marie! Hey, du schweifst schon wieder ab!

P1100938

Wie mögt ihr denn euren französischen Weichkäse am liebsten? Ich preferiere ihn ja so mittel – nicht zu würzig aber auch nicht ganz geschmackslos…

Viele Grüße aus Dääänemark und frohe Ostern!

P.S. Die hübsche Tänzer/Schlittschläuferin aka der personifizierte Frühling auf meinen Bildern ist meine Schwester die ich Mitte Februar (!!!) an einem dieser Frühlingsschnuppertage im Kleidchen nach draußen gezerrt habe. Aber das ‚Modeln‘ macht sie gut, oder?