Was haben Wolfgang Amadeus Mozart und Michael Jackson gemeinsam? Beide waren musikalische Wunderkinder, die von ihren ehrgeizigen Wunderkind-Eltern schon mit sechs Jahren zu Auftritten gepusht wurden. Und von beiden tauchte anno 2024 unveröffentlichte Musik auf. Die unbekannten Lieder des King of Pop hatte ein Ex-Polizist und Ebay-Schatzsucher in einem Lagerraum ausgegraben und erstmal monatelang nach Abspielgeräten gesucht.
Zwölf Aufzeichnungen auf Musikkassetten und DAT-Bändern (heutzutage gar nicht mehr einfach, dafür Abspielgeräte zu finden) fand Gregg Musgrove, die Michael Jackson wohl um 1990 aufgenommen hatte. Da hatte er schon eine neue Nase und die Neverland Ranch gekauft, die seit einer HBO-Doku vor fünf Jahren synonym mit den Pädophilievorwürfen gegen ihn ist. Bereits vor seinem Tod durch überdosiertes Propofol hatte es zwei Verfahren wegen Kindesmissbrauchs gegeben, die aber eingestellt wurden. HBOs Leaving Neverland präsentierte Anschuldigungen, die so schwer sind wie plausibel, so journalistisch gut recherchiert wie juristisch unbewiesen. Rechtlich lässt sich die Schuldigkeitsfrage posthum nicht mehr lösen. Und auch moralisch macht der Tod einen entscheidenden Unterschied darin, ob man einen Täter finanziell unterstützt. Denn Musik muss man genießen können und zu viel Geschmäckle verdirbt den Brei.
Bei der neu entdeckten Musik stellt sich diese Frage gar nicht, weil die Nachlassverwaltung und Sony Music als rechtmäßige Rechteinhaber sie nicht veröffentlichen wollen. Wenn man den Fall P. Diddy anschaut, scheint aber die gesamte Musikbranche ein ausbeuterisches System zu sein, das man eigentlich nicht erhalten will. „Leck mich am Arsch“, will man da den wiederentdeckten Originaltext eines Mozart-Kanons rufen.