Wahrscheinlich kommen sie gerade vom Sporttraining oder sie hat ihn von der Schule abgeholt. Jedenfalls sind der Junge und seine Mutter mit Schulranzen, Sportbeutel, Tretroller und Tasche beladen als sie am Berliner Humboldthain aus der S-Bahn steigen. Der Junge ist ungefähr acht Jahre alt und so in sein Buch vertieft, dass er es nicht mal aus der Hand legen kann, als sie die Treppe zur Straße hochstapfen. Deswegen muss seine Mama neben dem Ranzen auch den Tretroller tragen. Ihre eigene Tasche ja sowieso – ein Symbolbild über Mutterschaft und weibliche Care-Arbeit, aber das führt hier vielleicht zu weit.
Oben an der Straße angekommen greift der Junge nach dem Roller und steigt aufs Trittbrett – ohne den Blick von seinem Buch abzuwenden. Das balanciert er in der rechten Hand, die gleichzeitig versucht, sich am Lenker festzuhalten. Im Schrittempo und in Schlangenlinien versucht er, so neben seiner Mutter her zu fahren.
Das Buch, in dessen Bann er ist, scheint der Kinderbuchklassiker Gregs Tagebuch zu sein. Vielleicht nicht für alle etwas, die jetzt wieder Lust aufs Lesen haben. Aber wie schön, dass es noch die Momente gibt, in denen Kinder sich so in den Welten zwischen den Seite verlieren.
Geschrieben für die wochentaz